Von: Roman Hölzl Was für ein Erlebnis – rund zwei Wochen lang ermittelten die besten Ringer der Welt die Olympiasieger in den unterschiedlichen Gewichtsklassen und Stilarten. Mit am Start waren auch frei Athleten aus dem Bundesligakader des SV Wacker Burghausen, die größtenteils mit starken Leistungen zu überzeugen wussten. Allen voran präsentierte sich der Ungar Tamas Lörincz in der Form seines Lebens: In beeindruckender Weise sicherte sich der amtierende Welt- und Europameister nun auch die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen und erklomm so den ringerischen Olymp in der Gewichtsklasse bis 77kg im griechisch/römischen Stil. Vom ersten bis zum letzten Kampf demonstrierte Lörincz, warum er seit Jahren zur absoluten Weltspitze im Ringsport zählt. So startete Lörincz gleich im Viertelfinale, nachdem sein marokkanischer Achtelfinalgegner Zied Ait Ouagram durch einen positiv ausgefallenen Corona-Test jäh ausgebremst wurde. Im Viertelfinale wartete somit mit dem japanischen Serienmeister Shohei Yabiku, der in weiteren Turnierverlauf die Bronzemedaille erringen sollte, gleich eine echte Bewährungsprobe. Bereits in der ersten Runde sicherte Lörincz gegen seinen körperlich starken Gegner nach einer angeordneten Bodenlage und einem daraus resultierenden Durchdreher eine 3:0 Führung. In der zweiten Runde konnte der Japaner zwar noch auf 3:1 verkürzen, dies änderte jedoch nichts am Halbfinaleinzug von Lörincz, wo er auf den hochgehandelten Iraner Mohammadali Geraei treffen sollte. Auch hier zog Lörincz bereits im ersten Kampfabschnitt mit 5:0 davon und baute diesen in der zweiten Runde sogar noch auf 6:0 aus. Doch in der letzten Minute kam der Iraner nochmals zurück, sammelte Wertung um Wertung und verkürzte den ehemals komfortablen Abstand auf den hauchdünnen Zwischenstand von 6:5. Nur mit Mühe konnte sich Lörincz in den letzten 20 Sekunden der Kampfzeit den ungestümen Angriffen seines Kontrahenten erwehren und sich so den Finaleinzug sichern. Dort wartete mit dem erst 22-jährigen Kasachen Akzhol Makhmudov ein Ringer, den zuvor niemand im olympischen Finale erwartet hätte. Dank beeindruckender Leistungen und hohen Punktsiegen gegen die Weltklasseringer Rafig Huseynov (Aserbaidschan) und Karapet Chalyan (Armenien) wusste der Asienmeister des Jahres 2018 das Fachpublikum zu begeistern. Doch im Kampf gegen den 35-jährigen Veteranen Lörincz setzte sich dessen jahrelange Erfahrung auf internationalen Turnieren gegen das aufstrebende Talent Makhmudovs durch. Mit einem knappen, aber am Ende ungefährdeten 2:1 Punktsieg erfüllte sich Lörincz nach seinen Titeln bei Welt- und Europameisterschaften nun auch seinen letzten großen Traum: Die Olympische Goldmedaille! Nur von kurzer Dauer war hingegen der Auftritt des Serben Mikheil Kajaia in der Gewichtsklasse bis 97kg. So unterlag der serbische Greco-Spezialist dem US-Amerikaner Tracy Hancock klar mit 5:1 nach Punkten. Auch die Hoffnung auf die Trostrunde blieb Kajaia verwehrt, da der Amerikaner bereits in Viertelfinale gegen den späteren Bronzemedaillengewinner Tadeusz Michalik (Polen) seinerseits knapp mit 4:3 nach Punkten unterlag. Als einziger Burghauser Freistilringer ging der Ungar Iszmail Muszukajev in der Klasse bis 65kg auf die Matte, der aber schon bei der Auslosung wahrlich nicht vom Glück verfolgt war und in eine absolute Hammergruppe. Zum Turniereinstieg traf Muszukajev auf den Argentinier Agustin Alejandro Destribats, mit dem er sich ein aktionsgeladenes Duell lieferte. Zwar stand es zur Halbzeit nach einem schönen Beinangriff nur 2:0 zu Gunsten des Ungarn, doch sollten die beiden Kontrahenten das Gesamtergebnis bis zum Kampfende auf sage und schreibe 9:6 hochschrauben. Gleich Viertelfinale traf Muszukajev auf den ersten Hochkaräter – den japanischen Weltmeister des Jahres 2018 - Takuto Otoguro, dem er zuletzt bei den Weltmeisterschaften 2019 gegenüberstand und ihn damals auch knapp besiegen konnte. In einem Kampf zweier Ringer, deren Stärke in ihrer hohen Geschwindigkeit liegt, sicherte sich der favorisierte Japaner leichte Vorteile und ging nach einer Aktivitätszeit nach der der ersten Kampfrunde mit 0:1 in Führung. Diesen Vorsprung konnte der Japaner im zweiten Kampfabschnitt auf 4:0 ausbauen, nachdem er Muszukajev mit einem blitzsauberen Durchdreher aus einer angesetzten Kopfklammer heraus überraschen konnte. Was am vor allem auf ungarischer Seite mit teils wütenden Protesten reklamiert wurde: Der Japaner verdrehte Muszukajev über die gesamte Kampfdauer kontinuierlich die Finger und kugelte ihm sogar zum Kampfende hin den Ringfinger der linken Hand aus. Warum dieses Fehlverhalten vom Kampfgericht nur zum Kampfende hin mit einer Verwarnung geahndet wurde, blieb deren Geheimnis. So endete der Kampf mit einem 1:4 Punktsieg des Japaners, der so nicht nur ins Halbfinale einziehen konnte, sondern am Ende im Finale auch die olympische Goldmedaille feiern konnte. Für Muszukajev ging das Turnier trotz der Niederlage in der Hoffnungsrunde noch weiter. Dort erwartete ihn im ersten Kampf der Mongole Tulga Tumur Ochir, mit dem sich Muszukajev ein Duell auf Augenhöhe lieferte. Mit einer knappen 0:1 Führung des Mongolen ging es in die Rundenpause, doch Muszukajev besann sich auf seine Stärken, zwang seinen Gegner zweimal zu Boden und zog mit einem 4:2 Punktsieg, der nur wenige Sekunden vor Kampfende per Videobeweis festgestellt wurde, ins „kleine Finale“ ein. Dort stand Muszukajev seinem ehemaligen russischen Nationalmannschaftskollegen Gadzhimurad Rashidov gegenüber. Doch gegen den Top-Favoriten auf den Olympia-Sieg musste sich Muszukajev am Ende klar mit 0:5 nach Punkten geschlagen geben, die Hoffnung auf die begehrte Bronzemedaille begraben und sich mit dem undankbaren fünften Rang im Gesamtklassement zufriedengeben. Aus deutscher Sicht hätten die olympischen Spiele in Tokio kaum besser verlaufen können. So sicherten sich die deutschen Schwerathleten im griechisch-römischen Stil gleich zwei Bronzemedaillen: Neben Dreifachweltmeister Frank Stäbler (67kg), der sich seinen großen Traum von der olympischen Medaille erfüllen konnte, wiederholte auch Denis Kudla in der Klasse bis 87kg seinen Erfolg bei den Olympischen Spielen in Rio. Das absolute Highlight blieb jedoch bei den Wettkämpfen der Frauen, die ausschließlich im freien Stil ausgetragen werden, der Krefelderin Aline Rotter Focken (76kg) vorbehalten: Als erste deutsche Ringerin überhaupt konnte Aline Rotter Focken eine Medaille bei olympischen Spielen erkämpfen. Doch dem nicht genug – durch den Finalsieg gegen die US-amerikanische Weltmeisterin Adeline Grey sicherte sich Aline Rotter Focken in der Gewichtsklasse bis 76kg den Olympia-Sieg und die damit verbundene Goldmedaille. Links: Verwandte News: Dateien: |
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